In kaum einem anderen Land auf der Welt liegen Erste und Dritte Welt
so nah beieinander wie in Südafrika. Besonders deutlich wird der Unterschied
im Umland der größen Städte wie Johannesburg und Kapstadt.
Auf der einen Seite sind die Villenviertel, der Geschäftsleute; nur
weniger Meter weiter befinden sich Slums, in denen Gangs ganze Straßenzüge
kontrollieren. Einer der deutlichsten Indikatoren für den Klassenunterschied
zeigt sich beim Vergleich der Nettolöhne. In Gegenden wie dem Johannesburger
Villenvorort Sandton verdienen über 40 Prozent der Bewohner über
5000DM monatlich. Das Durchschnittseinkommen in den Ghettos ist unbekannt,
liegt nach Schätzungen von Experten aber wahrscheinlich unter dem
südafrikanischen Existenzminimum von 800Rand, was umgerechnet einen
Betrag von ca. 320DM ergibt. Ein weiterer Faktor für den immanenten
Konflikt zwischen den Klassen ist die Bevölkerungsdichte. In Alexandria
leben auf einer Fläche von 2,5km² ungefähr 400.000 Menschen. Bei
dieser Enge ist Privatsphäre ausgeschlossen, und somit Streit und
Aggressivität vorprogrammiert.Im Vergleich dazu stehen den 142.000
Bewohner Sandtons 142km² als Wohngebiet zur Verfügung.
Das Straßenbild wird hier von riesigen Villen geprägt, die durch
Mauern und Stacheldraht weit ab von der Straße hinter tropischen
Vorgärten liegen. Dadurch, dass Armut und Reichtum so nah beieinanderleben,
kommt es zu Neid, der sich in Anschlägen und Straftaten widerspiegelt.
Auch das Ende der Apartheid konnte keine neuen Perspektiven schaffen. In
den Townships Johannesburgs sind noch immer 50% der Bewohner arbeitslos,
obwohl es Regierungsmaßnahmen gibt, um auch diese Leute ins Arbeitsleben
zu integrieren. In vielen Fällen fehlen aber richtige Ausbildungen,
wovon besonders Schwarze betroffen sind, da sie während der Apartheid
nicht die Möglichkeit hatten einen Beruf zu erlernen. Weiter gibt
es immer noch fast keine Schwarzen in wirtschaftlichen Führungspositionen,
obwohl Arbeitgeber eine gesetzlich geregelte Quote beachten müssen.
Nach der Aufhebung der Rassentrennung griff die Kriminalität, die
es auch schein vorher in den Townships gab, auf die weißen Wohngebiete
über. Ein Grund dafür liegt darin, dass viele Schwarze es als
legitim ansehen weiße zu berauben oder zu töten, da sie sich
für die ihnen widerfahrenen Grausamkeiten rächen wollen, und
sie sich nur das zurückholen wollen, was ihnen zusteht. Diese Behauptung
ist durch Fakten zu stützen: Seit 1994 hat sich die Zahl der Morde
in Alexandria um 800 Prozent erhöht. Den meist organisierten Banden
steht die Polizei oft hilflos gegenüber. So kommt es in den Städten
immer häufiger zum sogenannten Hijacking, dem Kapern von Autos an
Ampeln oder Kreuzungen mit vorgehaltener Waffe. Dabei kommt es nicht selten
dazu, dass der Fahrer des Wagens als lästiger Zeuge einfach beseitigt
wird (1995 43Tote). Resultierend daraus gelten bestimmte Kreuzungen in
Johannesburg heute besonders nachts als so gefährlich, dass weiße
Südafrikaner sie meiden und dafür große Umwege in Kauf
nehmen. Der Polizeipräsident Johannesburgs befürchtet angesichts
dieser Zustände, dass Südafrika zu einem Gangsterstaat wird,
in dem Hijacker, Drogenbarone und Straßenräuber auf der Demokratie
herumtrampeln. Einbrüche in Häuser, bewaffnete Raubüberfälle,
Autoentführungen und Vergewaltigungen stehen in Südafrika ganz
oben auf der Liste der Gewaltverbrechen. Die Region Gauteng gehört
zu den gefährlichsten der Welt. Die hohe Kriminalitätsrate verunsichert
viele weiße Bürger soweit, dass sie sich nicht mehr aus dem
Haus trauen und sich in psychiatrische Behandlung begeben müssen.
Genauso gehört es in Südafrika zum normalen Stadtbild, wenn sich
Weiße in ihren Villen durch Wachposten und Mauern vor unerwünschtem
Besuch schützen wollen. Ein Beispiel hat in Südafrika schon viele
Nachahmer gefunden. Die Nachbarschaft der Hurlingham Manor hat sich zusammengetan
und den Bau einer Mauer um das exklusive Wohngebiet beschlossen. Der einzige
Weg um in das Wohngebiet zu gelangen, wird nun durch einen Checkpoint gesichert,
der Tag und Nacht mit Wachmännern besetzt ist. Die 580 Hausbesitzer
haben innerhalb weniger Tage 80.000DM gesammelt, um den Komplex zu finanzieren.
Im vergangenen Jahr wurden in Hurlingham Manor pro Woche zwei Autos
gehijacket. Jetzt werden die Baufirmen immer öfter gerufen, um Wohngebiete
hermetisch abzuriegeln.
Eine andere Reaktion auf die Gewaltwelle ist das Aufrüsten der
Bevölkerung. Durch den Besitz einer Waffe fühlen sich die Südafrikaner
anscheinend sicherer. Auf dem Schwarzmarkt ist eine Maschinenpistole für
bereits 40DM zu erstehen. Dadurch eskalieren viele eigentlich unbedeutende
Streits schnell zu blutigen Schießereien. Diese Selbstjustiz führt
zu einem Wettrüsten zwischen verängstigten Bürgern und den
Gangsterbanden.
Auch die Umstrukturierung der Polizei nach dem Machtwechsel hat keine
Früchte getragen. Der erhoffte Vertrauenszuwachs in der Bevölkerung
ist ausgeblieben. Während des Apartheidregimes galten die Polizeieinheiten
als politisches Organ, dass mit gewalttätigen Übergriffen die
Schwarze Bevölkerung schikanierte.
Aus dieser explosiven Bevölkerungskonstellation ist in den letzten
Jahren die heutige südafrikanische Gesellschaft herangewachsen. Nun
muss die neue Regierung ein Programm zur Entschärfung der Situation
aufstellen, um den Wirtschaftsstandort Südafrika auch weiter zu sichern,
und Investoren aus dem Ausland nicht durch die Kriminalität zu verschrecken.
Der Eindruck und die Sicherheit der Geschäftsleute wird auch eine
große Rolle bei der Vergabe der Fußball WM2006 spielen. Für
das Land wäre dieses internationale Ereignis ein wichtiger Entwicklungsschub,
doch muss die Sicherheit der Spieler und Teams gewährleistet werden
können. Ein anderer Kandidat für die WM ist auch die Bundesrepublik.
Nun ist die Frage, ob Südafrika eine effektive Präventionsarbeit
leisten kann und als erstes afrikanisches Land Austragungsort einer Fußball
Weltmeisterschaft wird. Noch
scheint die Sicherheit der Besucher aber nicht gewährleistet zu sein,
da verschiedene Stellen und Organisationen Tourissten vor der Kriminalität
und vor Unternehmungen auf eigene Faust, vorallem in den Großstädten
warnen. Daher ist es besonders wichtig, sich vor einer Südafrikareise
darüber zu informieren, wie man sich in einer Gefahrensituation verhalten
sollte.Tips dazu gibt es direkt bei den meisten Reiseunternehmer, der
Südafrikanischen Botschaft in Deutschland, oder auf der Homepage
Kapstadts.
Trotzdem ist eine Reise nach Südafrika auf jeden Fall eine Reise
wert. Während individuelle Touren durch Südafrika als gefährlich
eingestuft werden müssen, sind organisierte Reisen durch Südafrika
relativ sicher, solange man sich an die Ratschläge der Reiseleitung
hält. Besonders empfehlenswert sind Safariausflüge durch die
Tierwelt der Nationalparks (siehe Bild).
Autoren: Gregor Wieneke; Moritz Ballensiefen